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Die Glühbirne und deren Tausch aus der Sicht eines wehrtechnischen Betriebes

In zehn Schritten zum Projekterfolg

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Bombenstimmung im Projektgeschäft

Die Ausgangssituation: Stellen Sie sich vor, bei einem Militärtransporter, im Prinzip ein olivfarbener Straßen-LKW, ist der Tausch einer Scheinwerferlampe nötig.

  1. Zunächst machen wir daraus ein Projekt. Dafür klingt »Tausch einer Glühbirne« als Arbeitstitel natürlich viel zu profan. Militärisch handelt es sich um eine »Lampe, Glüh-«, aber das ist auch nicht peppig genug. Wie wäre es mit »Re-Optimierung und Reichweitenverlängerung für Beleuchtungsmittel, z.B. mobil, halogen, wechselbar«, um auch Zukunftsoptionen (Xenon, LEDs, Laser ...) abzudecken? Gut, es handelt sich um ein simples Scheinwerferbirnchen für nicht einmal € 10,-, dennoch, wenn schon der ADAC Profis bei Design geschädigten PKWs eine halbe Stunde und mehr für den Wechsel einräumt, da man dafür praktisch den halben Motor ausbauen muss, ist hier im wehrtechnischen Bereich erst recht mehr legitim.

  2. Vorab ist eine grundlegende Analyse nötig. Vielleicht in Form einer vom Amt geförderten Studie? Schließlich muss erst geklärt werden, ob Nacht oder Dunkelheit im militärischen Sinne (Zitat aus der ehemaligen zentralen Dienstvorschrift »Bei hereinbrechender Dämmerung ist mit Dunkelheit zu rechnen.«) das gleiche ist wie für die Straßenverkehrsordnung. Belastbaren Input liefert hier der MIL-STD-810 Environmental Engineering Considerations and Laboratory Tests, der sich auf seinen über Tausend Seiten auch über die Sonnenscheindauer der verschiedenen Klimazonen auslässt.

  3. Dann ist selbstredend eine Marktstudie angesagt (Grundlagenforschung bei der Fraunhofer Gesellschaft mit EU Forschungsgeldern?), um zu zeigen, dass eine günstige Lösung aus dem zivilen Bereich völlig abwegig wäre. Das aufgehübschte Versuchsprogramm dazu könnte eine Ankaufleistung für das Amt werden.

  4. Außerdem geht die Umweltdiskussion nicht spurlos am wehrtechnischen Bereich vorbei, RoHS (u.a. »bleifrei löten«) und REACH sind durchaus ein Thema. (Auch wenn die einschlägigen Gesetze für MIL komplette Ausnahmeregelungen definieren.) Wie gefährlich Blei ist, sieht man ja an der Munition für die Waffen der Besatzung des Raketenwerfer-LKWs (mit den hochexplosiven 250 kg Gefechtsköpfen). Nicht auszudenken, welche Gesundheitsbedrohung dabei eine Glühbirne etwa aus Bleiglas darstellen würde! Also Materialanalyse bis hin zum Elektronenmikroskop und Massenspektrometer, weil Herr Amazon, Frau Ebay oder bei OBI selbst für die obligatorischen € 150,- Mehraufwand, nicht gewillt oder in der Lage sein werden, den kompletten Lieferweg der Glühlampe über die Glashütte bis zur Wolfram-Miene lückenlos aufzeigen.

  5. Ach ja, Gefechtskopf. Da wäre eine Untersuchung nach u.a. NATO STANAG 4174 Chemical Compatibility of Ammunition Components with Explosives (non-nuclear applications) und STANAG 4170 Principles and Methodology for the Qualification of Explosive Materials for Military Use angesagt, um die Verträglichkeit mit der Glüh-(!) Birne zu klären - im Rahmen einer kundenfinanzierten Machbarkeitsstudie vielleicht.

  6. So, jetzt zum eigentlichen Kernthema – Lampenwechsel und Kohle. Es geht nach Aufwand. Allerdings gibt es eine eingehende amtliche Preisprüfung, bei der man die Kalkulation in großer Tiefe aufzeigen muss, und auf deren Basis dann einige magere Prozent Gewinn zur Risikoabdeckung zugestanden werden. Wie gesagt, der Aufwand wird entlohnt. Wenn man also halbwegs glaubhaft versichert und vor allem sauber vorrechnet, 51 Leute seien einen Tag für den Lampenwechsel nötig – 50, die den LKW langsam und vorsichtig drehen und ein Leut, welches die Lampe dabei festhält... (Nicht zu vergessen Vorrichtungen und Sonderbetriebsmittel sowie Qualitätssicherung - 3D-Röntgen vorher/nachher?)

  7. Ach ja, da gibt es noch die Konzernvorgaben, sagen wir, wenigstens 10% Umsatzrendite zu erzielen. Deswegen hat man schon in weiser Voraussicht und der Einfachheit halber auf alles, wirklich alles, mindestens 15% aufgeschlagen.

  8. Zur Abrundung wäre jetzt noch eine fremdfinanzierte Studie (KfW Förderungsprogramm Innovation?) zum Einsatz alternativer Leuchtmittel angesagt. Das könnte z.B. über eine Bachelor- oder Master-Arbeit günstig abgedeckt, aber teuer verrechnet werden.

  9. So jetzt fehlt für die Nachwelt und als Nachschlag noch eine schöne, reich bebilderte und mit Euros vergoldete Ein- und Ausbauanleitung. Und selbstverständlich eine Powerpoint Präsentation als würdiger Abschluss.

  10. Die Krönung wäre die Etablierung einer Ping-Pong Spiels zweier oder gar mehrerer wehrtechnischer Unternehmungen mit dem Amts-Kunden. (Denn mit fremden Geld wirtschaftet es sich am schönsten. Das zeigt jedes Jahr der Bundesrechnungshof beeindruckend, aber öffentlich nicht mehr zugänglich, auf.)
    Das Amt spielt ja bei der Verkomplizierung mit - Baugruppen von Waffen, die auschließlich mit staatlicher Exportgenehmigung ausgeliefert werden dürfen, sollen öko-konform in jedem Recyclinghof oder Elektroladen zurückgegeben werden können. Und noch das CE-Zeichen für Bomben: Keine Gefahr für Mensch und Material bei bestimmungsgemäßem Gebrauch...

 

Das Ganze hier ist völlig übertrieben? Nein, ist es leider nicht. Und natürlich auch bei zivilen Großkonzernen als Standard ähnlich etabliert. Und im Rahmen der Verantwortungsvermeidung muss auch die Quietschente fürs Bad ihre Schiffszulassung und der Kinderdrachen sein Luftfahrtzeugnis bekommen.

 

Die [TOUR] führt zur RAIDER hieß schon immer TWIX, einer Epochen Gegenüberstellung.