Walk of Life WEG - Walk of Life

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Von einem, der auszog, das Managen zu lernen

Ein Dialog

Einbahnstraße kontra Umleitung
So, oder doch ganz anders!

Der Missstand ist nicht neu. Bereits 1939 beklagte Jean Giraudoux im Vorfeld seiner Satire Die Irre von Chaillot im Essay Pleins Pouvoirs laut Nachwort im Fischer Taschenbuch 7033 (zum genannten Stück):

Es habe sich, so schreibt er [Giraudoux], eine Art »Mafia« gebildet, eine Verschwörung von Zwischenhändlern - das französische Wort Mec wurde im Deutschen durch Makker wiedergegeben -, die in den Bereichen von Politik und Wirtschaft alle Schlüsselstellungen besetzt halten. Sie kennen nur eines: Profit. Eine der schönsten Vokabeln der menschlichen Sprache, das Wort Mittler, sei ihretwegen zur schändlichsten Vokabel der französischen Sprache geworden.

Heutzutage, in der globalisierten Informationsgesellschaft, wurde daraus der Begriff Manager. Sonst hat sich nicht viel geändert. Weltweit gilt: ICH - MIR - MEINS.

Zur Managementtheorie: Der Fisch stinkt vom Kopf (Brandeins.de).

1. Akt Begrüßung

(Ort und Zeit: Irgendwo in Deutschland. Hier und jetzt. Ein Seminar.)
Personen: Referent, etliche Teilnehmer und Teilnehmerinnen (Männer im Auditorium deutlich in der Überzahl); einheitliches, uniformmäßiges Erscheinungsbild in Anzug oder Kostüm

Referent Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie hier zu unserem grundlegenden Managementseminar. Diesmal noch auf Deutsch. [...]

Teilnehmer X (denkt) Lieber sein Wissen in einer Sprache ausdrücken, als sein Unwissen in mehreren.

Referent Selbstredend - ohne internationale Ausrichtung geht nichts. Think global, act local. [...]

Teilnehmer X (denkt) Also Leiharbeitskräfte aus Polen, Rumänien und Slowenien, um den Markt in Entwicklungsländern zu überschwemmen.

Referent Sie gehören zur künftigen Elite mit besten Aufstiegschancen. (kann sich ein Grinsen beim Anblick der Teilnehmerinnen nicht ganz verkneifen) [...]

Teilnehmer X (denkt) auf-, nicht be-.

Referent Ihre Aufgabe wird es sein, große Problemstellungen in Teilaspekte zu zerlegen, deren Lösung Experten zuzuweisen und dann die optimierten Teillösungen wieder zum großen Ganzen zusammenzufassen. [...]

Teilnehmer X (denkt) Wenn man ohne Absprache zwei Tunnel oder Brückenköpfe aufeinander zubaut ... Und so werden die Forderungen nach unten delegiert und eine Unterlegscheibe bräuchte dann eigentlich einen Microcontroller sowie Sensoren und Aktoren, um auf ihr Umfeld reagieren zu können.

Referent Arbeiter haben keinen tieferen Einblick in das große Ganze. Sie müssen auch nur das wissen, was sie für die Erfüllung ihrer Aufgabe benötigen. [...]

Teilnehmer X (denkt) Mit dem Führerbefehl Nummer 1 haben wir ja auch schon beste Erfahrungen gemacht.

2. Akt Jetzt komme ICH!

Referent Mit ihrem zweiwöchigen Trainee Programm in den verschiedenen Fachabteilungen haben Sie ja schon einmal die Firma im Detail kennengelernt. [...]

Teilnehmer X (denkt) Fachwissen und Erfahrung werden generell überbewertet.

Referent (mit gierigem Grinsen und Dollar-Zeichen in den Augen) Ihre Effizienz ist wichtig. Time is money! [...]

Teilnehmer X (denkt) Bevor man selber nachsieht oder nachdenkt, einfach jemanden anrufen. Das hält zwar andere von der Arbeit ab, aber schließlich willst ja Du weiterkommen!

Referent Ihr Agieren ist zeitlich und örtlich befristet. Es gibt wichtige Herausforderungen an vielen Stellen. [...]

Teilnehmer X (denkt) Einen Scherbenhaufen hinterlassen und weiter ziehen. So wie Mietnomaden.

Referent Ein Manager verfügt über ein unerschütterliches Selbstvertrauen und Sendungsbewusstsein. [...]

Teilnehmer X (denkt) Trifft er falsche Entscheidungen, dann nur weil er falsch informiert wurde.

Referent Verkrustete Strukturen müssen aufgebrochen werden. Raus aus der Komfortzone! [...]

Teilnehmer X (denkt) Funktionierend Strukturen zu zerstören, ohne neue aufzubauen, ist nicht optimieren, sondern eine feindliche Übernahme mit Zerschlagungsabsichten.

3. Akt ICH und der Rest der Welt


Referent Selbstredend wichtig sind nicht nur prozedurale Abläufe, Management Handbuch, ständige Optimierung und Lean, sondern speziell die Klärung von Verantwortlichkeiten. [...]

Teilnehmer X (denkt) Ganz wichtig - zahllose Besprechungen! Früher machte man sich schlau, um Verantwortung zu übernehmen. Heute skypt man jemand an, um sie loszuwerden. Denn wer etwas kann, tut es einfach. Die Möchtegern-Manager können lediglich darüber reden.

Referent Mensch, Technik, Umwelt sind Schlüsselthemen. [...]

Teilnehmer X (denkt) Und darum kümmert sich die PR Abteilung federführend darum. Und für die Technik gibt es dann Spezialisten.

Referent Richtige Manager betreiben kein Mikromanagement. Für Problemlösungen bringen sie Experten zusammen. [...]

Teilnehmer X (denkt) Probleme zu lösen, hieße Verantwortung zu übernehmen. Die Kunst ist Probleme zu verwalten.

Referent Arbeitnehmer müssen aus ihrer Lethargie gerissen werden. Seilschaften kappen. Der anfängliche Widerstand der Mitarbeiter ist die Bestätigung den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. [...]

Teilnehmer X (denkt) Bestehende Strukturen auflösen und die Mitarbeiter gegeneinander ausspielen schafft sicher Platz für Problemlösungen.

Referent Kleine schlagkräftige Einheiten und flache Hierarchien machen flexibel und effizient. [...]

Teilnehmer X (denkt) Divide et impera. Alles wird outgesourct, der Verwaltungsaufwand steigt und es passt nichts zusammen. Aber die Besprechungen, am besten hierarchisiert, werden immer mehr, länger und größer.

4. Akt ICH und meine Vision

Referent Ein Manager lebt in der Zukunft. Was vorbei ist ist vorbei. Und die Gegenwart ist eh da. (mit verklärtem Lächeln) Die Chancen allein zählen. [...]

Teilnehmer X (denkt) Die einen beladen das Rettungsboot noch mit Lebensmitteln und denken drüber nach wie man die kritischen Situation noch in den Griff bekommt. Manager planen dagegen schon das Design der Hotels am Strand der rettenden Palmeninsel. Vorher muss man natürlich auch noch die geeignete Farbauswahl für das Rettungsboot ausdiskutieren.

Referent Es kann gar nicht genug betont werden, wie wichtig klare Prozessabläufe für ein transparentes Business sind. [...]

Teilnehmer X (denkt) Prozesse ersetzen Fachwissen. Lasst uns mal drüber reden... Hallo Forum bin neu hier. - Ich will mir ein Auto kaufen. Was muss ich alles beachten?

Referent Um den Status quo zu bestimmen und in die Zukunft zu denken, sind Kennzahlen von eminenter Bedeutung. [...]

Teilnehmer X (denkt) Es gibt mehr Leute, die berechnen wie viele Ausfälle es geben darf, als Leute, die sich darum kümmern, dass es zu keinem Ausfall kommt.

Referent Oberste Priorität liegt darauf, nicht dafür verantwortlich zu sein die Ampel auf rot zu stellen. [...]

Teilnehmer X (denkt) Denn steht das Projekt, muss man nichts machen und begeht keine Fehler.

Referent Manager müssen Visionen haben und immer positiv denken. [...]

Teilnehmer X (denkt) Nichts ist unmöglich. Im Bedarfsfall muss Gott eben einige Naturgesetze ändern.

5. Akt ICH der Fordernde und Gnadenreiche


Referent
Man muss die Leute fordern und zu klaren Antworten zwingen. Worauf soll man denn sonst seine Entscheidungen gründen?

Teilnehmer X (denkt) Mit wie viel Promille kann man noch Auto fahren? Ich warte auf eine konkrete Antwort. Das kann doch nicht so schwer sein!

Referent Ab und zu empfiehlt es sich die Untergebenen zu loben, um den Teamgeist, aber auch das Konkurrenzdenken anzuregen.

Teilnehmer X (denkt) Toll wie Sie das Licht eingeschaltet haben. Daran können sich die Kollegen ein Beispiel nehmen.

 

(Iterationen solange man weiterhin jeden Gang aufs Klo zum Projekt aufbläst, um zahllose Projektleitungs-Bachelor und Workflow-Manager:innen unterzubringen. Vom Tee-Nager zum Ma-Nager. So muss man sich über das Abrutschen des Standorts Deutschland nicht wundern.)

 

Die [TOUR] führt zur MIL Lions - Die Glühbirne und deren Tausch aus der Sicht eines wehrtechnischen Betriebes.