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Scan Frequenz

Abtasttheorem von Nyquist-Shannon-Kotelnikov

Motion Tracker 2D-Analyze für High-Speed Kameras
Trajektorienauswertung: Translation, Rotation,
Geschwindigkeit, Beschleunigung und Animation

Dem Stroboskopeffekt entkommt man nicht so leicht. Besonders nicht mit einer Hochgeschwindigkeits­kamera. Beleuchtungsquellen, von denen man es nie erwartet hätte, beginnen auf einmal zu blinken. (Man scheint gar kein Stroboskop zu brauchen. ;-)

Die Nenn- oder Effektivspannung von 230 V des Stromnetzes pendelt 50 mal pro Sekunde. Beleuchtungsmittel, die direkt am Wechselstromnetz betrieben werden, pumpen mehr oder weniger stark mit dieser Frequenz von 50 Hertz (1 Hz (Hertz) = 1/sek). Eventuell sogar mit 100 Hertz, da es wegen der Sinus Schwingung zwei Nulldurchgänge geben kann.

 

Warum Beleuchtungen flackern können

Die üblichen Glühlampen und vergleichbare Leuchtmittel sind zu träge, als dass die Frequenz des Wechselstromnetzes allzu deutlich sichtbar werden würde. Und natürlich sind unser Augen zu langsam, um solche Schwankungen wahrzunehmen. Auch eine Videokamera nimmt normalerweise keine Notiz von diesem Flackern.
Selbst sogenannte Gleichstromleuchten (engl.: direct current, DC), bei denen eine Elektronik den Wechselstrom gleichrichtet und/oder glättet, können eine gewisse Restwelligkeit (engl.: ripple) aufweisen bzw. können höherfrequente Schwingungen erzeugen, die eine Film- oder Videokamera nicht registriert, wohl aber eine ausreichend schnelle Hochgeschwindigkeits­kamera.

Abtasttheorem (Nyquist-Shannon-Kotelnikov)
Aufnahme und flackernde Beleuchtung

Das führt zu der häufigen, aber irrigen Fehlermeldung: »Die Kamera flackert und flimmert!«.

Die Hochgeschwindigkeits­kamera kann nämlich gar nichts dafür. Grund ist eine Auswirkung des sogenannten Abtasttheorems, siehe Bild links. Erst wenn man eine veränderliche Größe mit mehr als ihrer doppelten Frequenz misst, kann man deren Kurvenverlauf rekonstruieren.

In der Abbildung links hat die Videokamera knapp die halbe Frequenz der Lichtschwankung, während die Hochgeschwindigkeits­kamera nochmals um Faktor vier bis fünf schneller ist. Die grauen Flächen stellen jeweils die Lichtmenge pro Bild dar. Die weißen Flächen geben die Auslesezeit bzw. die inaktiven Phasen wieder.
Deutlich ist zu sehen, wie bei der Videokamera sich Täler und Berge der Beleuchtungsintensität mehr oder weniger ausgleichen, die Videokamera integriert darüber. Das ist im Prinzip unabhängig von der Phasenlage, also dem zeitlichen Versatz.
Die Bilder der Hochgeschwindigkeits­kamera werden dagegen deutlich unterschiedlich stark belichtet. Die Aufnahme flackert, wenn man sie in Zeitlupe abspielt. Das sieht man oft auch in Zeitlupensequenzen von Sportveranstaltungen unter Kunstlicht oder direkt bei den LED Scheinwerfern von Rennwagen, da diese gepulst betrieben werden.

Erst wenn man die Belichtungszeit der Videokamera (stark) reduziert, schmälere grauen Flächen und breitere weiße in der obigen Abbildung, kann man sie auch zum Flackern bringen. Bei geschickt aufeinander abgestimmten Frequenzen (synchronisiert) muss das aber nicht zwangsweise der Fall sein.

Bei einer Aufnahmefrequenz von mehreren 100 Bilder/sek kann man das deutliche Pumpen von Leuchtstoffröhren aufnehmen. Deshalb ist eine derartige Beleuchtung für Hochgeschwindigkeits­kameras wenig geeignet. Die trägen Glühlampen am Wechselstromnetz sind weniger ausgeprägt betroffen. Aber lediglich Lampen, die direkt an einer Batterie (Gleichstrom) betrieben werden, sind wirklich sicher vor Hochgeschwindigkeits­kameras.

Stroboskopie und Translation

Der eigentlich Ansatz besteht aus dem Versuch die Blitzfrequenz synchron zum zyklischen Ereignis einzustellen, z.B. auf m Umdrehungen + x°. Blitzt man z.B. ein Zahnrad jede Umdrehung (= 360°) plus x° an, ergibt sich eine scheinbaren Fortschritt von x°. Natürlich kann x° auch Null sein, dann gibt es scheinbar ein Standbild. (Bei m Umdrehungen abzüglich x° kommt es zum bekannten Speichenrad-Effekt, siehe unten.)
Man kann aber noch wesentlich mehr daraus machen. Die Mehrfachbelichtung eines - wirklich nur eines einzelnen Fotos - macht die Aufnahme einer translatorischen Bahnkurve möglich.
Das ganze lässt sich auf die Spitze treiben: Stellen Sie sich vor Sie schießen mit einer Ballkanone zahlreiche Tennisbälle gegen eine Wand und machen pro Schuss manuell, also zufällig, ohne automatische Auslöseeinrichtung wie etwa eine Lichtschranke, ein Foto. Sie erhalten eine beliebige Fülle von Fotos, die den jeweiligen Tennisball in einer anderen Flugphase zeigen. Sortieren Sie die Fotos nach dem jeweiligen Abstand zwischen Ball und Wand, erhalten Sie einen »Film« mit sehr hoher zeitlicher Auflösung. Es ist nur eben nicht die Flugbahn ein- und desselben Balls. (Aber das muss man ja nicht unbedingt sagen. ;-)

Speichenradeffekt

Die bekannte optische Täuschung - die Kutsche fährt vorwärts, ihre Räder drehen sich rückwärts - ist ebenfalls eine Konsequenz des Abtasttheorems. Zwischen zwei aufeinander folgenden Filmbildern dreht sich das Rad um etwas weniger als eine volle Umdrehung oder wenigstens ein oder mehrere Speichensegment(e) weiter. Oder um mehrere volle Umdrehungen, wobei die letzte nicht ganz vollendet ist. Das ist eine Abart des Stroboskopeffekts, bei dem man durch Aufnahmen ganzzahliger Vielfacher einer Umdrehung ein stehendes Bild eines rotierenden Objekts erreichen will. Das Gehirn interpretiert diese einzelnen Bilder dann falsch als Pseudobewegung oder eben Stillstand.
Den selben Effekt können Sie auch bei rotierenden Propellern oder Rotoren von Hubschraubern wahrnehmen. (Da schlägt dann der Effekt des rollierenden Shutters zu, siehe unten.)

Rollierender Verschluss Artefakte

Durch den Einsatz eines rollierenden Verschlusses (engl.: rolling shutter), wie ihn zahlreiche Videosensoren aufweisen, können ganz skurrile Aufnahmen entstehen. Anders als beim globalen Verschluss (engl.: global oder freeze frame shutter), wird ein Einzelbild (engl.: frame) nämlich nicht zu ein und demselben Zeitpunkt aufgenommen, sondern eine Art Vorhang senkt sich verhältnismäßig langsam über den Sensor. Während man seit der Röhrenfernseher Ära im Zeilensprungverfahren (engl.: interlaced) zwei, solcher um 1/50 Sekunden auseinander liegende Halbbilder (engl.: fields), kammartig ineinander schiebt, sind es nun etliche zu unterschiedlichen Zeiten aufgenommene Bildstreifen aus denen sich jede einzelne Aufnahme zusammensetzt. Selbst ein Progressive-Mode 100 Hz oder 200 Hz Bildschirm kann diesen Effekt nicht nachträglich unterdrücken.
Als Ergebnis werden drehende Propellerblätter sichelförmig, verschwinden zeitweise oder scheinen zu vor- und zurück zu springen. Es gibt auch künstlerische Anwendungen, bei denen z.B. Wasser in Spiralform zu Boden zu rinnen scheint.

Ruckelnde Wiedergabe

Dafür gibt es zwei Ursachen, von technischen Defekten einmal abgesehen. Zum einen kann die Wiedergabegeschwindigkeit so gering sein, dass kein flüssiger Ablauf gewährleistet ist. Dem Auge muss man über 14 Bilder/sek anbieten, damit es die Einzelbilder nicht mehr als solche auflösen kann und die Film Illusion aufrecht erhalten wird.
Zum anderen kann eine zur Bildfrequenz bzw. Bewegung sehr kurze Verschlusszeit (Belichtungszeit, shutter; in jedem frame x der obigen Abbildung jeweils nur eine einzige schmale graue Säule und viel weißer Zwischenraum) dafür sorgen, dass Bewegungen abgehackt wirken, weil von Bild zu Bild, also von Foto zu Foto, zu viel Ortsveränderung stattfindet und damit zu viel ausgeblendet wird. (Womit wir wieder beim Daumenkino wären.)
Das manchmal seltsame Aussehen und das vermeintlich eigenartige Verhalten von kleinen Wasserwellen in Filmen oder im Fernsehen rühren wiederum vom Abtasttheorem her.